Eröffnung und Zustellung von Strafentscheiden

Unter den Begriff «Entscheid» fallen alle Beschlüsse, Urteile und Verfügungen einer Strafbehörde.

Entscheide

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Beschluss

Verfügung

Urteil

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Als Beschluss gelten alle von einer Kollektivbehörde gefällten Entscheide (≠Urteil).

Als Verfügung gelten alle von einer Einzelperson gefällten Entscheide (≠Urteil) .

Urteile sind Entscheide, in denen über Straf- und Zivilfragen materiell befunden wird. Gegen ein Urteil kann Berufung eingelegt werden.

Form und Inhalt sind in den Artikeln 80 ff. StPO geregelt. Entscheide werden den Parteien schriftlich zugestellt (Ausnahmen vorbehalten; vgl. Art. 84 StPO), begründet (Ausnahmen vorbehalten; vgl. Art. 82 StPO) und wurden von der zuständigen Behörde unterzeichnet (Art. 80 Abs. 2 StPO).

Entscheide enthalten gegebenenfalls eine Rechtsmittelbelehrung und informieren über die Beschwerdefristen (vgl. BGer 6B_964/2013, E. 3.3.2).

Die Zustellung des Entscheids erfolgt in der Regel schriftlich (Ausnahmen vorbehalten; vgl. Art. 85 StPO). Es handelt sich um eine offizielle Mitteilung (Entscheid, Vorladung, Mandat), welche es der Adressatin oder dem Adressaten erlaubt, entweder den darin aufgeführten Pflichten nachzukommen oder aber den Rechtsweg zu beschreiten.

Zustellung

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Uneingeschriebener oder eingeschriebener Brief

(Vgl. BGE 142 IV 125)
Art. 85 und 87 StPO

Durch Veröffentlichung in dem durch den Bund oder den Kanton bezeichneten Amtsblatt

Art. 88 StPO

Elektronische Zustellung

Art. 86 StPO

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Die Zustellung gilt als erfolgt, sobald die Empfängerin oder der Empfänger Kenntnis davon erlangt oder das Schreiben in seine ihre bzw. seine Kenntnissphäre gelangt.

Voraussetzungen: Aufenthaltsort ist unbekannt und konnte trotz zumutbarer Nachforschungen nicht ermittelt werden; Zustellung unmöglich; es wurde kein Wohnsitz in der Schweiz bezeichnet.

Die Veröffentlichung ist die Ultima Ratio.

Wenn die Voraussetzungen der Zustellfiktion erfüllt sind, besteht keine Verpflichtung zur öffentlichen Bekanntmachung.

(vgl. BGer 6B_652/2013)

Mit Zustimmung der betroffenen Person möglich. Es muss eine elektronische Signatur im Sinne des Bundesgesetzes vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur (ZertES) vorhanden sein.

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Die Mitteilung kann der Adressatin oder dem Adressaten, einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person übergeben werden.

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Verweigert die Adressatin oder der Adressat die Annahme der Urkunde, gilt die Zustellung dennoch als erfolgt.

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Einschreiben:

Zustellfiktion: Wenn ein Adressat nach Treu und Glauben mit der Zustellung einer Gerichtsurkunde rechnen konnte, gilt die Zustellung ab dem siebten Tag seit Hinterlassen der Abholungseinladung im Briefkasten des Adressaten als erfolgt.
Ausschlaggebend für die Zustellung ist das Abholdatum des eingeschriebenen Briefs.

(Vgl. BGE 116 Ia 90; BGE 142 IV 286)

Grundsätzlich beginnt die Frist mit der Zustellung zu laufen. Bei regelwidriger Zustellung trägt die Behörde die Konsequenzen, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben. Dieser Grundsatz gilt auch für die Parteien: sobald sie vermuten, dass ein Rechtsentscheid vorliegen könnte, müssen sie sich aktiv bei den Behörden danach erkundigen.

Grundsätzlich muss die Behörde den Nachweis erbringen, dass ein Entscheid zugestellt wurde (vgl. BGE 124 V 400, E. 2). Dennoch ist es wichtig, dass die Adressatin bzw. der Adressat den Briefumschlag der gerichtlichen Zustellung aufbewahrt; er dient sowohl als Beweis als auch als Grundlage für die Berechnung der nachfolgenden Fristen. Im Rahmen eines laufenden Verfahrens empfiehlt es sich, alle Dokumente an Justizbehörden per Einschreiben zu verschicken. Die Postquittung mit der aufgedruckten Sendungsnummer ist sorgfältig aufzubewahren.