Um rechtlich erfolgreich gegen eine diskriminierende Einbürgerungsverweigerung vorzugehen, muss die diskriminierende Handlung mit Zeuginnen oder Zeugen und/oder anderen Beweisen nachgewiesen werden können.
Jede Person, deren Gesuch auf Einbürgerung verweigert wird, hat Anspruch auf eine schriftliche Begründung (Art. 16 Büg) und das Recht, sich gegen die ungenügende Begründung und/oder gegen den negativen Einbürgerungsentscheid mittels Beschwerde zu wehren (vgl. Art. 46 und 47 Büg und Art. 29a BV).
Das Verfahren gegen kantonale oder kommunale Einbürgerungsentscheide ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich (Art. 46 Büg). Die zuständigen Rechtsstellen können darüber Auskunft geben. Es ist wichtig, möglichst rasch zu handeln, da in den meisten Verfahren strenge Fristen und Formvorschriften für die Einreichung einer Beschwerde gelten.
Allgemeine Empfehlung: Es ist ratsam, bereits von Anfang an möglichst viele Beweise zu sammeln (etwa Schriftenverkehr, Gesprächsnotizen, Adressen von allfälligen Zeuginnen und Zeugen). Entsprechenden Stellen sollten ausgedruckt und schriftliche Beweismittel gesichert werden. Vorsicht: Versteckte Ton- oder Videoaufnahmen sind strafbar und unterliegen einem Beweisverwertungsverbot!
Ordentliches Verwaltungsverfahren (Einsprache, Rekurs, Verwaltungsbeschwerde, Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Gegen kantonale oder kommunale Nichteinbürgerungsentscheide kann Beschwerde eingereicht werden. Das Verfahren richtet sich nach dem jeweiligen kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz. In der Regel kann ein negativer Einbürgerungsentscheid bei einer übergeordneten Behörde angefochten werden (im Kanton Zürich z.B. beim Bezirksrat). Alle Kantone sind dazu verpflichtet, eine Gerichtsbehörde einzusetzen, die als letzte kantonale Instanz über Beschwerden gegen ablehnende Entscheide im Zusammenhang mit der ordentlichen Einbürgerung entscheidet (Art. 46 Büg). In der Regel handelt es sich dabei um ein kantonales Verwaltungsgericht. Bei einem Verstoss gegen das Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV bzw. kantonale Verfassung), bei sonstigen willkürlichen Handlungen, bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, bei Verletzung der Privatsphäre der gesuchstellenden Person oder bei anderweitigen Verfahrensfehlern kann gegen den Entscheid des zuständigen kantonalen Gerichts eine Verfassungsbeschwerde ans Bundesgericht eingereicht werden (Art. 47 Büg).
Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht (gegen Entscheide des SEM)
Wenn es das Staatssekretariat für Migration (SEM) (ehemals Bundesamt für Migration) ist, das die Einbürgerungsbewilligung verweigert, so kann der Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Art. 47 Büg). Bezieht sich die Beschwerde auf die Verweigerung der Einbürgerungsbewilligung, überprüft das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen für die Einbürgerungsbewilligung und erteilt bei positivem Resultat die Bewilligung. Wird gerügt, dass die verweigerte Bewilligung ungenügend begründet ist, kann das Bundesverwaltungsgericht das SEM dazu verpflichten, eine ausreichende Begründung nachzuliefern. Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung des (negativen) Einbürgerungsentscheids einzureichen (Art. 50 VwVG). Sie muss schriftlich erfolgen (auch elektronisch möglich, jedoch mit fortgeschrittener elektronischer Signatur gemäss Art. 2 lit. b ZertES) und die Begehren mit Begründung und Beweismittel nennen. (Art. 52 VwVG).
Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte
Wird eine ungerechtfertigte Bearbeitung von persönlichen Daten vermutet (Art. 17, 44 und 45 Büg), können die Datenschutzbeauftragten des Bundes oder des entsprechenden Kantons eingeschaltet werden.
Erläuterung
Art. 8 BV – Rechtsgleichheit
1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.2 Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.
3 Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4 Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.
Kommentar
Um gegen rassistische Diskriminierung vorzugehen, sind das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot (Abs. 1) und das allgemeine Diskriminierungsverbot (Abs. 2) von Bedeutung. Sie stellen einklagbare verfassungsmässige Rechte dar, auf die sich alle natürlichen Personen (Privatpersonen) unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit berufen können. Auf das allgemeine Gleichheitsgebot (Abs. 1) können sich auch juristische Personen (Unternehmen wie etwa Kapitalgesellschaften, Vereine, Stiftungen, etc.) stützen.
Art. 8 BV bezieht sich auf sämtliche staatliche Ebenen (Bund, Kantone, Gemeinden und andere Verwaltungsträger) und umschliesst sowohl die Rechtssetzung als auch die Rechtsanwendung. Die Regelung bindet allerdings nur den Staat und ist nur sehr beschränkt unter Privaten anwendbar.
Die Rechtsgleichheit nach Abs. 1 gilt nicht absolut. Eine Ungleichbehandlung kann gerechtfertigt und zulässig bzw. sogar geboten sein, wenn sachliche Gründe vorliegen. So sieht zum Beispiel die Sozialhilfe je nach Aufenthaltsstatus ungleiche Leistungen vor.
Das Diskriminierungsverbot nach Abs. 2 stellt ein «besonderes Gleichheitsgebot» dar und bildet eine Art Kerngehalt von Art. 8 BV. Für eine Ungleichbehandlung aufgrund der genannten Merkmale wird eine qualifizierte Rechtfertigung verlangt. Das bedeutet, dass die Ungleichbehandlung im öffentlichen Interessen liegen und verhältnismässig sein muss (vgl. analog Art. 36 BV). Das Verbot setzt keine Diskriminierungsabsicht voraus und schliesst sowohl direkte als auch indirekte Diskriminierungen mit ein.
Erläuterung
Indirekte/mittelbare Diskriminierung
Indirekte oder mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn gesetzliche Grundlagen, Politiken oder Praktiken trotz ihrer augenscheinlichen Neutralität im Ergebnis zu einer nicht zulässigen Ungleichbehandlung führen.
Laut Bundesgericht ist «eine indirekte bzw. mittelbare Diskriminierung […] dann gegeben, wenn eine Regelung, die keine offensichtliche Benachteiligung von spezifisch gegen Diskriminierung geschützter Gruppen enthält, in ihren tatsächlichen Auswirkungen Angehörige einer solchen Gruppe besonders stark benachteiligt, ohne dass dies sachlich begründet wäre.» (BGE 129 I 217 E. 2.1 S. 224).
Erläuterung
Direkte/unmittelbare Diskriminierung
Das Bundesgericht spricht von direkter Diskriminierung, wenn «eine Person rechtsungleich behandelt wird allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, welche historisch und in der gegenwärtigen sozialen Wirklichkeit tendenziell ausgegrenzt oder sonst als minderwertig behandelt wurde. Die Diskriminierung stellt eine qualifizierte Art der Ungleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Situationen dar, indem sie eine Benachteiligung eines Menschen bewirkt, die als Herabwürdigung oder Ausgrenzung einzustufen ist, weil sie an ein Unterscheidungsmerkmal anknüpft, das einen wesentlichen und nicht oder nur schwer aufgebbaren Bestandteil der Identität der betreffenden Person ausmacht; insofern beschlägt die Diskriminierung auch Aspekte der Menschenwürde.» (erstmals in BGE 126 II 377 E. 6a S. 392 f.).
Direkte bzw. unmittelbare Diskriminierung ist von einer «Ungleichbehandlung» zu unterscheiden, die aufgrund von zulässigen Kriterien oder Gründen erfolgt.
Die Aufzählung der Merkmale in Abs. 2 ist nicht abschliessend. Mit Herkunft ist die identitätsprägende geografische, ethnische, nationale oder kulturelle Herkunft einer Person gemeint. Unterscheidungen nach dem Bürgerrecht richten sich in erster Linie nach Abs. 1. Unter dem heute im europäischen Raum veraltet wirkenden Begriff Rasse werden Merkmale wie Hautfarbe oder Abstammung subsumiert. Die Merkmale Sprache und Überzeugung sind in weiteren Artikeln zusätzlich geregelt (Sprachenfreiheit Art. 18 BV, Glaubens- und Gewissensfreiheit Art. 15 BV sowie Meinungs- und Informationsfreiheit Art. 16 BV).