Vorgehen und Rechtsweg bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis

In den meisten Fällen – und soweit zumutbar – lohnt es sich, parallel zu rechtlichen Abklärungen (bzw. gestützt auf diese) das Gespräch mit den beteiligten Personen und Stellen zu suchen.

Wird einer Person eine Anstellung einzig wegen ihrer ethnischen oder nationalen Herkunft, ihrer Hautfarbe oder ihrer Religionszugehörigkeit verweigert, so verstösst dies gegen das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot (Art. 8 Abs. 2 BV bzw. kantonale Verfassung) und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV bzw. kantonale Verfassung). Vorausgesetzt ist selbstverständlich, dass die Person die notwendigen Qualifikationen für die Stelle mit sich bringt.

Erläuterung

Art. 8 BV – Rechtsgleichheit

1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2 Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.

3 Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4 Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.

Kommentar

Um gegen rassistische Diskriminierung vorzugehen, sind das allgemeine Rechtsgleichheitsgebot (Abs. 1) und das allgemeine Diskriminierungsverbot (Abs. 2) von Bedeutung. Sie stellen einklagbare verfassungsmässige Rechte dar, auf die sich alle natürlichen Personen (Privatpersonen) unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit berufen können. Auf das allgemeine Gleichheitsgebot (Abs. 1) können sich auch juristische Personen (Unternehmen wie etwa Kapitalgesellschaften, Vereine, Stiftungen, etc.) stützen.

Art. 8 BV bezieht sich auf sämtliche staatliche Ebenen (Bund, Kantone, Gemeinden und andere Verwaltungsträger) und umschliesst sowohl die Rechtssetzung als auch die Rechtsanwendung. Die Regelung bindet allerdings nur den Staat und ist nur sehr beschränkt unter Privaten anwendbar.

Die Rechtsgleichheit nach Abs. 1 gilt nicht absolut. Eine Ungleichbehandlung kann gerechtfertigt und zulässig bzw. sogar geboten sein, wenn sachliche Gründe vorliegen. So sieht zum Beispiel die Sozialhilfe je nach Aufenthaltsstatus ungleiche Leistungen vor.

Das Diskriminierungsverbot nach Abs. 2 stellt ein «besonderes Gleichheitsgebot» dar und bildet eine Art Kerngehalt von Art. 8 BV. Für eine Ungleichbehandlung aufgrund der genannten Merkmale wird eine qualifizierte Rechtfertigung verlangt. Das bedeutet, dass die Ungleichbehandlung im öffentlichen Interessen liegen und verhältnismässig sein muss (vgl. analog Art. 36 BV). Das Verbot setzt keine Diskriminierungsabsicht voraus und schliesst sowohl direkte als auch indirekte Diskriminierungen mit ein.

Erläuterung

Indirekte/mittelbare Diskriminierung

Indirekte oder mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn gesetzliche Grundlagen, Politiken oder Praktiken trotz ihrer augenscheinlichen Neutralität im Ergebnis zu einer nicht zulässigen Ungleichbehandlung führen.

Laut Bundesgericht ist «eine indirekte bzw. mittelbare Diskriminierung […] dann gegeben, wenn eine Regelung, die keine offensichtliche Benachteiligung von spezifisch gegen Diskriminierung geschützter Gruppen enthält, in ihren tatsächlichen Auswirkungen Angehörige einer solchen Gruppe besonders stark benachteiligt, ohne dass dies sachlich begründet wäre.» (BGE 129 I 217 E. 2.1 S. 224).

Erläuterung

Direkte/unmittelbare Diskriminierung

Das Bundesgericht spricht von direkter Diskriminierung, wenn «eine Person rechtsungleich behandelt wird allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, welche historisch und in der gegenwärtigen sozialen Wirklichkeit tendenziell ausgegrenzt oder sonst als minderwertig behandelt wurde. Die Diskriminierung stellt eine qualifizierte Art der Ungleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Situationen dar, indem sie eine Benachteiligung eines Menschen bewirkt, die als Herabwürdigung oder Ausgrenzung einzustufen ist, weil sie an ein Unterscheidungsmerkmal anknüpft, das einen wesentlichen und nicht oder nur schwer aufgebbaren Bestandteil der Identität der betreffenden Person ausmacht; insofern beschlägt die Diskriminierung auch Aspekte der Menschenwürde.» (erstmals in BGE 126 II 377 E. 6a S. 392 f.).

Direkte bzw. unmittelbare Diskriminierung ist von einer «Ungleichbehandlung» zu unterscheiden, die aufgrund von zulässigen Kriterien oder Gründen erfolgt.

Die Aufzählung der Merkmale in Abs. 2 ist nicht abschliessend. Mit Herkunft ist die identitätsprägende geografische, ethnische, nationale oder kulturelle Herkunft einer Person gemeint. Unterscheidungen nach dem Bürgerrecht richten sich in erster Linie nach Abs. 1. Unter dem heute im europäischen Raum veraltet wirkenden Begriff Rasse werden Merkmale wie Hautfarbe oder Abstammung subsumiert. Die Merkmale Sprache und Überzeugung sind in weiteren Artikeln zusätzlich geregelt (Sprachenfreiheit Art. 18 BV, Glaubens- und Gewissensfreiheit Art. 15 BV sowie Meinungs- und Informationsfreiheit Art. 16 BV).

Zur Erleichterung der Beweisführung sollte von der arbeitgebenden Behörde eine schriftliche Begründung für die Nichtanstellung verlangt werden. Ein rechtlicher Anspruch darauf besteht in der Regel aber nicht; Arbeitgebende können sich auch auf eine telefonische Absage beschränken oder die Begründung ganz verweigern.

Um Verwaltungsbeschwerde führen zu können, ist zwingend eine anfechtbare Verfügung zu erwirken (vgl. auf Bundesebene Art. 25a VwVG). Vorausgesetzt wird ein schutzwürdiges Interesse. Dafür müsste die rassistische Diskriminierung nachgewiesen werden, etwa durch Zeugen oder andere Beweismittel, was sich als schwierig herausstellen kann.

Allgemeine Empfehlung: Es ist ratsam, bereits von Anfang an möglichst viele Beweise zu sammeln (etwa Schriftenverkehr, Gesprächsnotizen, Adressen von allfälligen Zeuginnen und Zeugen). Entsprechenden Stellen sollten ausgedruckt und schriftliche Beweismittel gesichert werden. Vorsicht: Versteckte Ton- oder Videoaufnahmen sind strafbar und unterliegen einem Beweisverwertungsverbot!

Mögliche Vorgehensweisen

Beschwerde an eine kantonale oder städtische Ombudsstelle

Falls eine Ombudsstelle zur Verfügung steht, ist es ratsam, sich zuerst an diese zu wenden. Sind Fristen am Laufen, so sollte parallel dazu bereits das jeweilige ordentliche Rechtsverfahren eingeleitet werden, da die Beschwerde an eine Ombudsstelle allfällige Fristen nicht unterbricht. Ombudsstellen nehmen Beschwerden entgegen und vermitteln zwischen Bevölkerung und Verwaltung. Ziel ist es, einerseits Personen vor willkürlichem und fehlerhaftem Verhalten der Verwaltung zu bewahren und andererseits die Verwaltung vor ungerechtfertigten Vorwürfen zu schützen. In der Regel können Beschwerden in schriftlicher oder mündlicher Form vorgebracht werden. Die Ombudsstelle prüft, ob die Verwaltung unangemessen gehandelt hat, nimmt Stellung und sucht nach einer für beide Seiten befriedigenden Lösung. Sie verfügt über umfassende Abklärungsbefugnisse (Akteneinsicht, Auskunftsrecht), hat jedoch weder Weisungsbefugnis noch Anordnungsrecht, kann keine Bussen oder anderen Sanktionen aussprechen und ist auch nicht berechtigt, Verwaltungsentscheide aufzuheben oder abzuändern. In der Regel geniesst sie aber ein hohes Ansehen bei den Behörden, und ihre Intervention kann auch ohne formelle Befugnisse eine Wirkung erzielen.

Ordentliches Verwaltungsverfahren (Einsprache, Rekurs, Verwaltungsbeschwerde, Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Um ein Verwaltungsverfahren einleiten zu können, muss zwingend eine anfechtbare Verfügung vorliegen (vgl. auf Bundesebene Art. 25a VwVG). Die schriftliche Nichteinstellungsverfügung der arbeitgebenden Behörde kann so auf dem Beschwerdeweg angefochten werden. In der Eingabe sollte eingehend begründet werden, weshalb einer Behörde Rassismus vorgeworfen wird. Auf diesem Weg kann je nach anwendbarem Personalgesetz eine Wiedergutmachung in Form einer Genugtuungszahlung («Schmerzensgeld») eingefordert werden. Ansonsten ist eine Genugtuung auf dem Weg der Staatshaftungsklage zu fordern. Die Höhe bemisst sich nach dem Schweregrad der Tat und nach dem Verschulden der Tatperson. Die Wiedergutmachung ist in der Regel aber nicht höher als einige hundert Franken. Unter Umständen kann die zuständige Behörde auch verpflichtet werden, das Dossier nochmals zu beurteilen, vorausgesetzt, die Stelle ist nicht bereits vergeben.
Das Verfahren und die Rechtsmittel variieren je nach Behörde, Rechtsgebiet und Gemeinwesen. Fristen und Formvorschriften sind zu beachten. Rechtsberatungsstellen im entsprechenden Kanton können dazu Auskunft geben.

Aufsichtsbeschwerde

Jede (d.h. nicht nur die direkt betroffene) Person kann eine Aufsichtsbeschwerde einreichen – in der Regel bei derjenigen Instanz, die der fraglichen Organisation übergeordnet ist. Die Aufsichtsbeschwerde ist weder frist- noch formgebunden. Im Gegensatz zur Verwaltungsbeschwerde braucht es hier auch keine vorgängige Verfügung. Die Aufsichtsbehörde ist nicht verpflichtet, auf die Beschwerde einzutreten, und sie tut dies normalerweise nur bei wiederholten Rechtsverletzungen. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass bei Verdacht auf rassistische Handlungen einer Behörde ein ernsthaftes öffentliches Interesse vorliegt, den oder die Vorfälle zu untersuchen. Die Aufsichtsbeschwerde ist vor allem dann angebracht, wenn kein anderes Rechtsmittel Erfolg verspricht und wiederholte Rechtsverstösse vorliegen. Hinweis: Allfällige Fristen werden durch eine Aufsichtsbeschwerde nicht unterbrochen!

Staatshaftungsklage (Haftung des Staats für rassistische Handlungen durch Verwaltungsträger)

Das Verantwortlichkeitsverfahren ist nur dann anzustreben, wenn tatsächlich ein materieller (z.B. längerer Einkommensausfall wegen Nichterhalt der Arbeitsstelle) oder immaterieller Schaden (Persönlichkeitsverletzung) nachgewiesen werden kann. Je nachdem kann die Arbeitgeberin bzw. der Arbeitgeber für die rassistische Handlung haftbar gemacht werden. Bund, Kantone und Gemeinden kennen jeweils unterschiedliche Regelungen. Die Höhe einer allfälligen Genugtuungszahlung bemisst sich nach dem Schweregrad der Verletzung und nach dem Verschulden der Tatperson. Sie ist in der Regel aber nicht höher als einige 100 Franken. Weiterführende Informationen zur Staatshaftung.